Sonntag, 14. August 2016

Zuhause kann er es, aber…




…sobald wir auf dem Hundeplatz sind, hat er keine Lust mehr. In Variationen hört man diese Klage auch als: Auf dem Hundeplatz hört sie richtig gut, aber sobald wir woanders sind, weigert sie sich…
Dieses Phänomen wird unseren Vierbeinern häufig als Motivationslosigkeit oder Sturheit bis hin zu bösem Willen ausgelegt. Bei unseren Junghunden allerdings in den allermeisten Fällen zu Unrecht. Ganz nebenbei bemerkt ist Böswilligkeit eine Kategorie menschlichen Denkens, die Tieren völlig fremd ist. Zu Letzterem gibt es vielleicht ein anderes Mal mehr, heute geht es um das Stichwort Generalisierung.


Generalisierung, genauer Reizgeneralisierung , wird wie folgt definiert: Als Reizgeneralisierung bezeichnet man in der Verhaltensforschung die Reaktion eines Tieres oder einer Person auf einen Reiz, die in genau gleicher Weise erfolgt, wie die zuvor erlernte Reaktion auf einen anderen, ähnlichen Reiz.( https://de.wikipedia.org/wiki/Reizgeneralisierung )
Was hat das jetzt mit uns und unseren Hunden zu tun? 

Unsere Vierbeiner haben gelernt auf einen Reiz (z.B. das Kommando „Sitz“) eine bestimmte Reaktion (sich setzten) zu zeigen. Soweit so gut aus der Sicht des Hundehalters. Aus der Perspektive des Hundes beinhaltet der Reiz, welcher zum Sitzen führt aber viel mehr. Für den Hund ist zunächst die ganze Situation, in welcher er das Kommando gelernt hat der Reiz. Dazu zählen die Körperhaltung des Hundeführers inklusive eventuelle Sichtzeichen (z.B. der Hundeführer steht aufrecht vor dem Hund und hat zum Zeichen für „Sitz“ den Zeigefinger der rechten Hand erhoben), die Umgebung inklusive des Untergrundes (z.B. im Wohnzimmer auf dem Teppich oder im Garten auf dem Rasen) usw. Es spielen aber auch Aspekte eine Rolle, an die wir nicht sofort denken würden, wie beispielsweise welches Halsband/Geschirr oder Leine der Hund beim Lernen/Üben trägt. Ist es die lange Leine von der Gassirunde, die kurze Hundeplatzleine oder die Schicke, mit der man in die Stadt geht? Vielleicht wird beim Üben zu Hause auch gar keine Leine verwendet.


Da Hunde also Situations- bzw. Ortsgebebunden lernen, heißt das, dass wir ein Kommando, bis es generalisiert ist, an vielen verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Situationen üben müssen. Um es den Hunden einfacher zu machen, sollte es am Anfang noch möglichst viele Übereinstimmungen in den unterschiedlichen Situationen geben. Das kennt man im Allgemeinen aus der Welpengruppe, z.B. wenn das „Sitz“ auf verschiedenen Untergründen (Rasen, Pflaster, Teppich, Holz…), während alle anderen Merkmale gleich sind, geübt wird. Auch in der Junghundegruppe nutzen wir zu Beginn zur Unterstützung die jeweiligen Sichtzeichen. Je weiter dann ein Kommando/Signal generalisiert ist, desto weniger Merkmale müssen übereinstimmen.  Das bedeutet also, sollte unser Hund ein Kommando plötzlich „vergessen“ haben, sollten wir ihn zunächst nochmals mit Merkmalen der ursprünglichen Lernsituation (z.B. Sichtzeichen) unterstützen. Will einmal etwas überhaupt nicht klappen, wird es nicht besser, wenn man sich in die Situation hineinsteigert. In so einer Situation übt man am besten irgendetwas anderes, das der Hund schon sicher kann und beendet die Arbeit mit einem Erfolgserlebnis. Letzteres ist eigentlich immer wichtig, deshalb lernt man bereits in der Welpengruppe eine Übungseinheit immer mit einem Erfolgserlebnis abzuschließen.
Daneben gibt es aber selbstverständlich noch eine Reihe weiterer Gründe, weshalb ein Hund das Geforderte in dieser oder jener Situation nicht leisten kann, als Beispiele seien hier genannt: Angst, Stress, Konzentration (die kann bei Junghunden stark variieren, also nicht zu lange! am Stück trainieren), widersprüchliche Signale des Hundeführers…


Fazit:
Damit es dem jungen Hund überhaupt möglich ist, ein Kommando jederzeit zuverlässig auszuführen, muss er Gelegenheit bekommen, es in vielen unterschiedlichen Situationen zu üben. Tut er es nicht, ist das Kommando vermutlich noch nicht generalisiert.

Eure Julia

Ich bin fest davon überzeugt, dass es immer mehr als einen Weg gibt, um ans Ziel zu kommen.